Frau Doktor im Ruhestand!

Der Abschied vom Berufsleben vollzog sich leise.
Im August feierte Frau Dr. Barbara Anders ihren 75. Geburtstag und beendete ihren Beruf als Ärztin.
51 Jahre lang war sie Landärztin in Wartenburg – eine Zeitspanne in einem Beruf, an einem Ort, wie es heute fast nicht mehr vorstellbar ist.
Generationen von Wartenburgern begleitete sie durchs Leben.

Wir Wartenburger haben ihr sehr viel zu verdanken und zu danken.

Wir möchten im Folgenden einen kleinen Rückblick wagen.

Als junge Ärztin, frisch von der Universität ins Leben geschickt, begann Barbara Anders am 04. April 1966 ihren Dienst in Wartenburg.
Ihre persönliche Lebensplanung sah etwas anderes vor.
Im September 1966 wollte sie eine Stelle im Wittenberger Paul-Gerhardt-Stift zur Ausbildung als Gynäkologin antreten. Alles war lange geplant, vorbereitet und abgesprochen.
Dann fiel plötzlich der Landarzt Dr. Schirmer in Wartenburg aus. Die Poliklinik Wittenberg, die damals für die allgemeinärztliche Versorgung von Wartenburg und Umgegend zuständig war, musste schnell Ersatz finden. Die junge Medizinerin, gerade erst aus Berlin in Wittenberg angekommen, war da anscheinend gerade passend. Es wurde nicht viel diskutiert. Trotz ihrer Bedenken, wegen ihrer noch unvollkommenen Ausbildung und fehlender Erfahrung, für solch einen selbstständig auszuführenden Posten, wurde sie in Wartenburg eingesetzt.

Einige noch offene praktische Angelegenheiten wurden, wie damals üblich „unbürokratisch“ organisiert.
Frau Doktor zog mit ihrer kleinen Familie in das Erdgeschoss der Villa ihres Vorgängers ein, machte nebenbei die Fahrerlaubnis und begann in einem winzigen Sprechzimmer ihre Sprechstunde und lernte viel über die Menschen der Elbaue und ihre Befindlichkeiten.
Es dauerte nicht lange, bis sie sich ganz gut mit der Situation arrangiert hatte.
Aus dem Wunschberuf Facharzt für Gynäkologie wurde die Fachärztin für Allgemeinmedizin, sie promovierte und später wurde sie Frau Medizinalrätin Dr. Anders.
Sie führte Reihenuntersuchungen für die Beschäftigten in der Landwirtschaft durch, betreute neben den „normalen“ Patienten, Schwangere, Hausgeburten, Mütter, Kleinkinder und das nicht nur in Wartenburg, sondern auch in Globig und Melzwig und manchmal auch in Rackith.
Die volle Bandbreite der Medizin musste sie abdecken.
Sie hat diese Entwicklung nicht bereut, sondern es als glückliche Fügung gesehen. In Wartenburg konnte sie sich als Ärztin und Persönlichkeit einbringen, die Entwicklung des Landambulatoriums hat sie wesentlich beeinflusst.
Ihrem Wirken ist es zu verdanken, dass aus der Enge der Schirmer´schen Villa im Jahre 1974 eine größere Praxis bezogen werden konnte. Das ehemalige Schulgebäude unter den Eichen war umgebaut worden. Im Jahr 1976 erfolgte die nächste Veränderung. Aus der Außenstelle der Poliklinik wurde das Landambulatorium mit einem erweiterten Einzugsbereich und noch mehr Aufgaben für Frau Dr. Anders und mehr zu leitenden Mitarbeitern. Der 1987 fertiggestellte Erweiterungsbau in Wartenburg trug dem Rechnung.

Mit der Wende im Jahre 1990 wurde das Landambulatorium abgewickelt. Es folgte zwangsläufig die freie Niederlassung.
Der Aufbau der Gemeinschaftspraxis nach der Wende war ihr Projekt. Was wäre gewesen, wenn es anders gekommen wäre – eine müßige Frage!

Die eigenen Praxisräume in der Globiger Straße wurde im Jahre 1994 eröffnet.

Sohn Jörg war bereits zuvor mit eingestiegen. Nebenher entstand im Familienunternehmen eine Zahnarztpraxis und eine Praxis für Physiotherapie.
Wir haben einen Luxus an Infrastruktur, um den uns viele Gemeinden berechtigterweise beneiden.

Die Praxis wird nun in der zweiten Generation vom Sohn Jörg weitergeführt, die 3. Generation ist in der Ausbildung, und wir können hoffen, dass auch dann die Landarztpraxis weitergeführt wird.

Liebe Frau Dr. Anders!
Würden Sie Ihren Enkeln diesen Schritt empfehlen?
Ihr beruflicher Wunsch war ein anderer. Das Sie sich anders entschieden haben, war ein Glücksfall für uns.
51 Jahre war Frau Doktor fast immer in Dienst. 3 Wochenenddienste im Monat waren keine Ausnahme und die Notfälle außerhalb aller Zeiten wurden auch nicht weggeschickt. Störungsfreie Zeiten gab es nur durch Verreisen.

Wir möchten Ihnen auf diesem Weg Dank sagen für alles, was sie für die Wartenburger geleistet haben.
Wir wünschen Ihnen Gesundheit, Glück und Zufriedenheit.

Mögen sie noch viele Jahre hier bei uns im Dorf leben, erfolgreich Kreuzworträtsel lösen und uns vielleicht auch ab und zu mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung beistehen.