Unzählige militärische Abhandlungen sind zwischen Bücherdeckeln gepresst worden, um über das Gefecht bei Wartenburg am 03.10.1813 zu berichten.
Dass wir heute noch etwas über die Situation der Bevölkerung im Kriegsgebiet in den Wochen vor und nach der Schlacht wissen, haben wir Carl August Rudolph Gerstäcker zu verdanken, der in jener Zeit Pastor in Wartenburg war.
Er schrieb im Kirchenbuch unter der Rubrik „Todten-Anzeigen“ seine Erlebnisse nieder und schildert so eindringlich das Leid der Zivilbevölkerung in den Jahren des Krieges.
Anlässlich der 205. Jahrestages der Schlacht wurden seine Texte in der Kirche vorgetragen.
Rudolph Gerstäcker wurde im Jahre 1780 in Reinersdorf bei Großenhain in Sachsen geboren.
Sein Vater, Samuel Rudolph GERSTÄCKER, hatte die dortige Pfarrstelle inne.
Gerstäcker jun. wurde 1800 (also mit 20 Jahren!!) von der Universität Wittenberg zum Magister ernannt.
Danach trat er eine Stelle als Substitut (Amtsgehilfe eines evangelischen Pfarrers) bei seinem Amtsvorgänger Friedrich August Völkner an.
Als dieser 1802 überraschend starb wurde er mit 22 Jahren Pfarrer in Wartenburg.
Er heiratete die Tochter seines Amtsvorgängers, die zum Zeitpunkt der Eheschließung erst 15 Jahre alt war.
Gerstäcker war Sachse, Wartenburg ursächsisches Kerngebiet und auf sächsischem Gebiet tobte die Schlacht der Alleierten um Preußen – ohne Sachsen – gegen die Franzosen – mit Sachsen.
Gerstäcker machte aus seiner Abneigung zu den Preußen keinen Hehl.
Bereits ein gutes Jahr nach der Schlacht war sein Leben zu Ende.
Er starb am 03. November 1814 – an „Gicht und schleichendem Fieber“ (Eintrag im Kirchenbuch).
Weiter ist vermerkt: „hinterlässt eine Witwe, 3 Söhne und eine Tochter, alle unerzogen (= nicht volljährig).
Aus der Ehe mit der Tochter seines Amtsvorgängers, Wilhelmine geb. Völkner, gingen vier Söhne und eine Tochter hervor.
2 Söhne starben bereits als Kleinkinder.
Die Witwe verließ mit Ihren Kindern irgendwann Wartenburg.
In den Kirchenbüchern sind keine weiteren Eintragungen zu finden.
Mit ihr reisten (so ist es anzunehmen) das Porträt des Pfarrers und mindesten 2 in etwa identische Ölgemälde der alten Kirche, die 1875 abgerissen wurde.
Ein Original befindet sich heute im Depot des Schlossmuseums Chemnitz und ist das einzige bekannte Bild unserer alten Kirche. Der Turm aus dem Jahre 1727 steht heute noch.
Wo sich das Porträt von Gerstäcker und das 2. Kirchengemälde, die beide in Fotokopien aus den 20er oder 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der Kirche hängen, ist nicht bekannt.
Die Spuren der beiden Söhne lassen sich noch weiterverfolgen.
Karl Theobul (* 1803) wird mindestens 20 Jahre als Wundarzt in Oschatz aufgeführt.
Robert Constantin (* 1807, + 1879) erwarb 1833 (?) das Chemnitzer Bürgerrecht und gründete hier eine Werkstatt für Buchbinderei. Seine Söhne führten das Unternehmen als „R. Gerstäcker & Sohn“ außerordentlich erfolgreich weiter.
Wilhelmine Gerstäcker, die Witwe von Pfarrer Gerstäcker, lebte über Jahrzehnte bis zu ihrem Tod im Hause des Sohnes Robert in Chemnitz.