Wartenburg-Corona-Tagebuch

Samstag, der 21.3.2020 in einem Garten in Wartenburg

Warst Du heut mal draußen und hast die Sonne gespürt,
hast Bienen summen und Vögel zwitschern gehört?
Ich saß mit Kaffee im Garten, im Sonnenlicht –
und außer dem Zwitschern und dem Blätterrascheln hörte ich NICHTS!
Kein Motorengeräusch, kein Kinderlachen,
Geräusche, die unser Dorf sonst lebendig machen.
Nicht mal der Hund unsrer Nachbarn hat gebellt.
Es kam mir vor, als ob die Welt den Atem anhält!

Was ist es, dass alles verändert scheint?
Was ist es, was uns alle eint:
Zuhause bleiben, Kontakte meiden,
die Zeit mit Dingen vertreiben, die sonst ganz lange liegen bleiben?
Ein Virus, der weltweit die Menschen befällt,
sorgt dafür, dass die Welt scheinbar den Atem anhält.

Gestern kam eine Whatsapp, da stand sinngemäß geschrieben:
in der Krise könnt die Chance für einen längst überfälligen Wandel liegen.
Ein Wandel, der unsere Kinder längst vergessene Werte erkennen lässt
und der als Geburtsstunde für ein neues Miteinander geeignet ist.
Ein Wandel, der uns alle komplett entschleunigt und runterfährt,
die Müllberge zunächst einmal für die nächsten Wochen reduziert
und uns damit zeigt, wie schnell die Erde bereit zum Regenerieren ist,
wenn der Mensch ihr Luft zum Atmen lässt.
Und diese Whatsapp schafft es dann –
ich halt für eine Weile den Atem an.

Allem Negativen haftet auch etwas Positives an –
was man jetzt, am Abend, draußen sehen kann.
Wir haben gerade “die letzten zwei Mohikaner” gesehen:
zwei Flugzeuge da, wo jetzt nur noch Sterne stehen.
Tausende Sterne an einem klaren Firmament,
wie man es heute nur noch selten kennt.
Und dazu unendliche Stille ringsherum,
da bleiben wir staunend einfach stumm –
und halten kurz dem Atem an,
wie man das sonst nur noch selten kann.

Und weil “Corona” für mich so wenig greifbar ist,
verwendet mein Geist wohl eine List:
er lässt mich das Helle heller sehn,
die Sterne mehr zu Tausenden stehn,
die Vögel fröhlicher zwitschern als an anderen Tagen –
das hindert mich in dieser Zeit am Verzagen.
Und trotzdem, das muss ich Euch sagen,
halt ich kurz mit der Welt den Atem an – ohne zu verzagen!

Wenn wir Corona irgendwann überstehen,
werden wir uns und die Welt hoffentlich mit anderen Augen sehen.
Ein anderes Miteinander – solidarisch wie jetzt – wäre schön,
dann würde der Welt vielleicht niemals wieder der Atem stillstehen.

(Gerit Orbitz)

Vielleicht hat ja mancher von Euch auch Gedanken zu dieser Zeit, zu dieser Situation, die er zu Papier bringen kann und möchte.
Und daraus könnten wir unser Wartenburg-Corona-Tagebuch gestalten?